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  • AutorenbildBarbara Grabher

Caroline Tschinder: Nachhaltige Events als Strategie der Bewusstseinsbildung

Umweltbelastungen, Klimawandel und menschliches Eingreifen in die Natur - hierbei handelt es sich um Problematiken von noch nie dagewesenen Ausmaßen. Damit steht die Weltbevölkerung unter einem massiven Handlungsdruck eine Transformation in Richtung Nachhaltigkeit zu meistern und fühlt sich verpflichtet in diversen Bereichen Strategien entwickeln um Menschen zu einem nachhaltigeren Lebensweg zu animieren.


Ein Zeitalter der Verantwortung

Charakterisiert als das Zeitalter menschlichen Eingreifens in die Natur, gilt das Anthropozän als Ära desaströser Auswirkungen für unsere Erde. Dementsprechend kamen in den zurücklegenden Jahren zunehmend Stimmen auf, welche für Nachhaltigkeit plädierten – für eine Entwicklung, in welcher gegenwärtige Bedürfnisse erfüllt werden ohne zukünftigen Generationen ihre Existenzgrundlage zu verweigern.[1] Dies demonstriert einen Appell an die Erdbevölkerung Verantwortung zu übernehmen und vertritt eine „Neuausrichtung des Mensch-Natur-Verhältnisses im Sinne einer Wahrnehmung der Verantwortung des Menschen gegenüber der Natur, deren Teil er ist und ohne die er nicht überleben kann.“[2] Aus diesem Grund kann die Betrachtungsweise des Anthropozän zweifellos optimistischer erfolgen – als eine Zeit des Verantwortung Übernehmens.


Um dieser Verantwortung nachzukommen, wurden Lösungsansätze und Strategien konzipiert um der Destruktion unseres Planeten durch Umweltbelastungen entgegenzuwirken. Gleichermaßen wurden Lösungsstrategien im Rahmen von Veranstaltungen und in Form von nachhaltigen Events konstruiert, welche Menschen animieren können, einen nachhaltigeren Lebensstil zu führen, sowie zukunftsorientierte Umgestaltungen im Umgang mit der natürlichen Umwelt erwirken können.


Das nachhaltige Event

Nachhaltige Events oder Green Events sind eine verbreitete Form von Veranstaltungen. Hierbei treffen Feierlichkeiten und Vergnügen mit der Aufgabe einen nachhaltigen Lebensstil zu bewerben zusammen. Nachhaltige Events sind daher eine innovative Methode, Menschen zu dem Thema Nachhaltigkeit in Kenntnis zu setzen. Essentiell ist hierbei eine effiziente inhaltliche und organisatorische Realisierung der Veranstaltung (siehe Abbildung 1), sodass nachhaltige Events ihre vollen Möglichkeiten entfalten können. Die Abbildung zeigt auf, welche ökologische, soziale und wirtschaftliche Aspekte benötigt werden um eine erfolgreich nachhaltige Veranstaltung zu realisieren.

Abbildung: Nachhaltiges Veranstaltungsmanagement[3]


Inhaltliche Aufklärung der Öffentlichkeit

Eine erfolgreich nachhaltige Veranstaltung ist imstande einer Mehrzahl der EventbesucherInnen die nachhaltigen Vorhaben einer Initiative oder Organisation zu kommunizieren. Hierfür existieren diverse Strategien um die Inhalte der Veranstaltung zugänglich und einprägsam zu machen. Durch neue und interaktive Formate werden die TeilnehmerInnen eingebunden und können so ihr Wissen aktiv erarbeiten und teilen. Ein Beispiel eines vielfältigen Eventprogramms ist der Heldenmarkt in Deutschland - eine Verbrauchermesse, welche nachhaltigen Konsum anpreist und den BesucherInnen Denkanstöße für ein bewusst ressourcenschonendes Leben bietet. Hierbei werden nicht lediglich nachhaltige Produkte wie faire Kosmetik und biologische Lebensmittel angeboten, sondern auch ein Rahmenprogramm zu diversen Nachhaltigkeitshemen. Vorträge, Diskussionen, Kochshows und Verkostungen, sowie diverse Ausstellungen und Fortbildungen garantieren die Beteiligung empfänglicher Personen.[4]


Eventlocation und Mobilität

Neben der inhaltlichen Organisation, ist die administrative Konzeption essentiell für die Gestaltung eines Green Events. Da vorwiegend der Individualverkehr ein ansteigendes Problem für die Umwelt darstellt, ist die Wahl einer per pedes oder mit öffentlichen Verkehrsmitteln erreichbaren Eventlocation von besonderer Relevanz um eine umweltschonende An- und Abreise zu ermöglichen. Belohnungen schaffen darüber hinaus Anreize für EventbesucherInnen nachhaltige Mobilitätsmöglichkeiten zu nutzen.[5] So kann beispielsweise ein vergünstigter Eintritt, sollten öffentliche Verkehrsmittel oder Fahrgemeinschaften wahrgenommen werden, angeboten werden. Ein erster Anstoß um öffentliche Verkehrsmittel zu nutzen kann bereits dazu beitragen die Gewohnheiten der Mobilität zu reflektieren und so ein Herausbrechen der Routine bewirken.


Verpflegung und Umgang mit Ressourcen

Bei der Versorgung sollten die Veranstalter nachhaltiger Veranstaltungen den Wert auf saisonale und lokale Nahrungsmittel legen. Dies versichert nicht lediglich frische Produkte, vielmehr werden auch die Transportwege verringert. Lebensmittel die nicht regional akquirierbar sind, wie Kaffee oder Schokolade, sollten aus fairen Handel stammen. Des Weiteren sollten Produkte gewählt werden, welche aus einer artgerechten Tierhaltung entstammen.[6] Eine Kalkulation von Lebensmitteln und weiteren Ressourcen kann hierbei nicht lediglich eine Verringerung der Abfallmenge sichern, sondern vermeidet Lebensmittelverschwendung und spart Kosten. Auch das Einsetzen von Mehrweg- statt Einwegartikeln bei Geschirr oder Dekorationen reduziert den Müll und kann im weiteren Verlauf aufgrund geringerem Arbeitsaufwand ebenfalls die Entsorgungskosten reduzieren. Die Initiative „A sauberes Festl“ im Burgenland beispielsweise engagiert sich für das Vermeiden von Abfällen und die Schonung von Ressourcen um nachhaltige Feste feiern zu können. Auch hier achtet man auf den Einsatz von Mehrwegprodukten, den Verzicht auf Getränkedosen und einem regionalen Menü, sodass die Feste in burgenländischen Gemeinden ökologisch gestaltet werden können.[7]


Die Möglichkeiten nachhaltiger Events

Ein Event hat die Möglichkeit facettenreicher Maßnahmen und Merkmale, welche die Intentionen der einzelnen Veranstaltungen widerspiegeln. Events können beispielsweise transformativ und die Quelle von kulturellen, politischen, sozialen, wirtschaftlichen oder ökologischen Auswirkungen sein. Des Weiteren sind sie in der Lage neue Interessensgruppen zu animieren, sowie einen Wandel im lokalen und europäischen Bewusstsein zu schaffen.[8] Nachhaltige Events haben demnach die Fähigkeit zu einer individuellen und kulturellen Transformation.


Informiert ein Event die TeilnehmerInnen auf eine einprägsame Weise über ihre Verantwortung, so kann dies einen nachhaltigen Effekt erzielen: die Menschen lernen über eine bewusstere Lebensführung und können so aus den Denkmustern ihres täglichen Lebens ausbrechen. Des Weiteren befinden sich die EventbesucherInnen in sozialer Interaktion mit anderen Personen und können sich zu einem Teil des Gruppenlebens etablieren.[9] In diesen Gruppen können sich die Menschen austauschen und gemeinsame Ziele formulieren. Aufgrund der Gruppendynamik werden die Mitglieder wechselseitig beeinflusst, wodurch dieses Zusammenwirken von Gleichgesinnten eine Motivation darstellen kann, konstant nachhaltiger zu leben.


Bei einem Event steht man demnach in einem Austausch, in welchem soziale und kulturelle Themen aufgebracht und debattiert werden können. Dies bietet die Möglichkeit in einem gesellschaftlichen Gedanken- und Meinungsaustausch zu treten – eine Vorgangsweise um bestimmte Problemstellungen anzusprechen und Mitteilungen über individuelle und kollektive Verantwortung in den Kontext einer Veranstaltung zu integrieren, bei der das Publikum offener für solche Diskussionen ist.[10] Durch das Aufbringen dieser konfliktbehafteten Thematiken kann ein Event zu einem Austragungsort politischen Widerstandes werden und so gesellschaftliche Transformationen bewirken. Aus diesen Gründen kann und soll ein Event nicht lediglich als eine Form von Unterhaltung betrachtet werden, sondern auch als eine Möglichkeit kultureller, politischer oder wirtschaftlicher Auswirkungen, welche Verbesserungen der Lebensqualität sowohl lokal, als auch in einem internationalen Bewusstsein bewirken können.


[1] Vgl. Nick Lin-Hi: „Verantwortung“ In: Gabler Wirtschaftslexikon. https://wirtschaftslexikon.gabler.de/definition/verantwortung-50418 [Zugriff: 30.06.2022] [2] Klaus Töpfer: Nachhaltigkeit im Anthropozän. In: Nova Acta Leopoldina 398 (2013), S. 31 – 34, S. 31. [online verfügbar] https://www.leopoldina.org/uploads/tx_leopublication/Probekapitel_NAL398.pdf [3] Fischer, Julia: 2×4 Praxistipps für nachhaltiges Eventmanagement, https://ceimzeit.de/nachhaltiges-eventmanagement/ (Zugriff: 30.06.2022) [4] Vgl. Heldenmarkt: Alles für ein nachhaltiges Leben. Seit 2010. https://heldenmarkt.de [Zugriff: 30.06.2022] [5] Vgl. pulswerk GmbH: Nachhaltig zum Green Event, Wien o.D., S. 7. [online verfügbar] https://infothek.greenevents.at/upload/file/Nachhaltig_zum_Green_Event_NÖ_Web.pdf [6] Vgl. ebd., S. 10 [7] Vgl. A sauberes Festl: Die Förderaktion “A sauberes Festl” startet auch 2022 wieder! https://a-sauberes-festl.at [Zugriff: 11.07.2022] [8] Vgl. Chris Newbold/ Jennie Jordan/ Francho Bianchini/Christopher Maughn: Introduction: Focusing on Festivals. In: Newbold et al. (Hg.): Focus on Festivals 9 Vgl. ebd., S. xvii [10] Vgl. ebd., S. xxiii


Carolina Tschinder studiert Europäische Ethnologie, sowie Anglistik und Amerikanistik an der Universität Graz, weshalb es ihr wichtig ist in ihren Forschungen einen fächerübergreifenden Bezug zu finden. Das Forschungsinteresse bezieht sich insbesondere auf sozialen gesellschaftlichen Wandel und Zukunftsperspektiven.

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